Mittwoch, 26. März 2008
(critical) whiteness...
das ist eine antwort auf diesen kommentar bei anders deutsch.

... ist in erster linien eine (kritische) positionsbestimmung in einem sozialen raum*, z.b. in der deutschen gesellschaft. dabei geht es darum, sich als weiße_r mal selbst auf die perspektive / die privilegien / die fingerlein zu schauen und eben nicht darum mit den eigenen fingern auf die anderen zu zeigen.
weiß/sein ist dabei eine soziale kategorie, die -- wie alle kategorien -- problematisch ist und zwar nicht nur, weil sie letztlich ein konstrukt ist, das zur essentialisierung neigt. paradoxerweise sind solche konstrukte wie mann/frau/weiß/schwarz "harte realität" und lebens"wirklichkeit": sie sind wirksam. und zwar gerade dann, wenn sie nicht benannt sind! "kritisch" ist eine solche positionierung unter umständen dann, wenn sie darauf abzielt, die eigene perspektive, die möglichkeitsbedingungen des eigenen lebens, (un)wissens und der eigenen privilegien zu erfassen und zu analysieren.

eine der ersten (oder die erste?), die das mal vorgeschlagen hat, war toni morrison:"It seems both poignant and striking how avoided and unanalyzed is the effect of racist infelction on the subject. What I propose here is to examine the impact of notions of racial hierarchy, racial exclusion, and racial vulnerability and availability on nonblacks who held, resisted, explored, or altered those notions."**

es geht also darum zu gucken, wie soziale (hier: rassistische) macht-strukturen mich und mein leben möglich machen und wie sie bestimmte positionen für mich, als weiße deutsche frau, eröffnen oder verschließen. was macht mein weißsein (frausein / irgendwiepositioniertsein) mit mir? was sehe ich, was kann ich vielleicht nicht sehen? was finde ich normal, was kommt mir gar nie in den sinn? was halte ich für privileg und was für alltag?

es geht dabei nicht darum festzustellen, wer böse ist und wer nicht... wer "schande" auf sich lädt und wer nicht... es gibt keine un/schuld, aber es gibt menschen, die bock haben eben diese idee von der eigenen un/schuld zu hinterfragen. das ist nicht verpflichtend. eine_r kann das auch lassen, das wäre dann normal und naja, meine güte... das ist die hegemoniale position, nicht die marginalisierte...

dieses ewige rumgeheule aus eben jener hegemonialen position ... die anderen machen das auch... die nennen mich langnase... warum bin ich böse und die nicht... ist banal und ekelhaft. kritisches weißsein will eben nicht den zeigefinger ausstrecken und anderen auch noch etwas zuschreiben.***
"me tooism" ist ein feiner begriff dafür. ich werde auch diskriminiert. ich auch, ich auch, ich auch...

[mir geht es auch manchmal so ähnlich.] ich will ja auch eine gute sein. und dann gibts so momente, dann denk ich... ohhhh, so bin ich aber nicht... oder: nein, das stimmt gar nicht, ich bin ganz anders... ich kenne auch diesen gedanken: die sind ja auch nicht besser...

und das ist ganz schön krasser, egozentrischer und verlogener kinderkram... weil auf die anderen zu zeigen und zu sagen guck mal, der auch. oder zu sagen: machs erst mal besser. oder einfach nicht wahrhaben zu wollen, dass ich ganz schön privilegiert bin und zwar nicht, weil ich was tolles verbockt hab, sondern einfach weil ich weiß bin in einer hegemonial weißen gesellschaft (und noch dazu relativ gebildet...) das ist lahm und traurig und nahezu pathologische selbsttäuschung.

weißsein eben.


* "die feinen unterschiede" von pierre bourdieu wären ein klassischer einstieg ins thema. donna haraways "situiertes wissen. die wissenschaftsfrage im feminismus und das privileg einer partialen perspektive" ein anderer text, der nicht direkt aus den critical whiteness studies kommt. zu kritischem weißsein die einschlägige literatur z.b. von eggers et al., wollrad oder tißberger et al.

** morrison, toni (1990): playing in the dark: whiteness and the literary imagination. vintage (1993): p. 11.

*** es geht nicht um die analyse der anderen, dafür gibts den orientalismus oder klassische ausprägungen von ethnologie/anthropologie etc... critical studies / whiteness steht für eine bewegung, die auf die eigene hegemoniale gesellschaft guckt. deswegen ist es für diese und mich auch nicht von belang ob es "critical yellowness" gibt. darum können sich jene kümmern, die sich in dieser position wähnen und sich kritisch damit auseinendersetzen wollen.


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