Donnerstag, 7. Dezember 2006
'der fremde'
"Die Erinnerung an das Ereignis seiner [des fremden] Ankunft macht deshalb gerade seine Gegenwart eher zu einem Ereignis der Geschichte als zu einer Naturtatsache. Sein Übergang aus der Geschichte in die Natur würde eine wichtige Grenze auf der Karte der Existenz durchlässig machen, und dem muß entschlossen Widerstand geleistet werden. Ein solcher Übergang würde schließlich auf das Eingeständnis hinauslaufen, daß die Natur selbst ein Ereignis in der Geschichte ist und daß deshalb die Berufung auf die natürliche Ordnung oder die Naturrechte keine Vorzugsbehandlung verdient. Weil sie ein Ereignis in der Geschichte ist, weil sie einen Anfang hat, führt die Gegenwart des Fremden immer die Möglichkeit eines Endes mit sich. Der Fremde hat die Freiheit zu gehen. Er kann auch gezwungen werden zu gehen - oder zumindest kann man erwägen, ihn zum Gehen zu zwingen, ohne die Ordnung der Dinge zu verletzen." (zygmunt bauman)*

the a-woman wurde vor zwei wochen nach ghana abgeschoben - nach nur etwas mehr als zwei monaten abschiebehaft. heute schreibt sie aus ghana:
Because of my stay in Kopenick, i lacked some freedom therefore i have been walking much these past days...

und auf der suche nach mietminderungstabellen fand ich dies: mietmängel und mietminderung: asylbewerber.** zum glück ist die rechtssprechung nicht so rassistisch wie jene, die ganz offensichtlich für den vermeintlichen mietmangel asylbewerber_Innen eine mietminderung einklagen wollten.

* zygmunt bauman: moderne und ambivalenz. das ende der eindeutigkeit. junius: 1992: s.81.
** übrigens nicht nur dort. in fast jeder auflistung von möglichen mietmängeln fand sich die option asylbewerber mit dem hinweis, dass es sich dabei nicht um einen mietmangel handelt.

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Donnerstag, 2. November 2006
lifestyle...
der discounter plus hat ab kommender woche etwas ganz besonderes im angebot: "Lifestyle vom schwarzen Kontinent".

das sortiment im werbeprospekt spricht bände (rassistische). neben flokatis, teelichthaltern, glaswindlichtern (= keine elektrizität?) und vorhängen, gibt es diverse einrichtungsgegenstände typ "Kenia", als da wären: Tischleuchte "Kenia" (mit lampenfuß aus leder = tier/naturprodukt?), Gläserset und Glasvase "Kenia" (mit fleckenoptik = wildnis/leoparden?) und die Vitrine "Kenia" (tja?). des weiteren gibt es kunstdrucke mit trommelnder schwarzer frau und dekokissen mit löwen und elefanten.

die krönung allerdings: "Dekokissen Colonial Style". da fragt ihr euch sicher: was soll denn das sein? bilder von weißen, die morden, unterdrücken, versklaven, menschen verschleppen und ressourcen ausbeuten; rassismus, wirtschaftliche und politische abhängigkeit, strukturelle diskriminierung und herrschaft in vergangenheit und gegenwart...? all das auf einem kissen!? meine güte... plus legt sich dermaßen ins zeug, um mit uns unsere blutrünstige und eifrig verharmloste geschichte aufzuarbeiten?!

aber nein, keine sorge... beim "Dekokissen Colonial Style" handelt es sich um ein  g a n z  n o r m a l e s  kissen, es hat lediglich ein paar flauschige aufnäher in dezenten beige- und brauntönen.

da sind wir wohl noch einmal davongekommen. aber das hätten wir ja auch nicht von plus erwartet, dass die uns über die geschichte von deutschem/weißen kolonialismus und dessen kontinuitäten (unserem lifestyle!) aufklären. wo kämen wir denn da hin?

zu rassistischen begriffen wie "schwarzer kontinent" etc. siehe: "afrika und die deutsche sprache", herausgegeben von susan arndt und antje hornscheidt.

erneut der link zu binyavanga wainaina how to write about africa bzw. hungersnöte sind gut.

anderes zu (kolonialen kontinuitäten in) rassitsischer werbung bei annabexis. du warst schneller ;)

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Donnerstag, 31. August 2006
xenonphobie
... schlägt mir gerade das rechtschreibprogramm vor.

klasse.

aber da es ja meist eh nicht um "fremde" geht - und auch nicht um edelgase -, können wir das wort auch gleich ersetzen. das meiste, was so unter xenophobie läuft, ist eh schnöder, gemeiner rassismus.

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Freitag, 19. Mai 2006
manche treppen

wendeltreppe(n)
flickrbacklink

chaos im denken. mich für keine der treppen entscheiden können. entscheiden ist ja auch... alle türen verlockend - immer in weiter ferne. unerreichbar. dann eine andere, aber unten habe ich schon wieder vergessen, welche treppe zu welcher tür führt. hoch und runter laufen. und dann sind die dinger zu ende - irgendwo im nichts ein abgrund, die türen verschlossen oder vor öden gängen und balkonen von denen ich auch wieder nur rausgucken, weggucken, weitgucken - aber nicht anfassen (begreifen) kann.

diese "werbung" mit den lungen. zwei lungen übereinander und ein text daneben. der text daneben... weiße werbung für weiße menschen zum sich erheben und herabkotzen, da wird mir ganz schlecht vor mir selbst und mit mir und ... sag mir, dass diese gesellschaft nicht rassistisch ist... in der psychoanalyse spricht man von resistance, die kommt nach der repression und geht vielleicht (oder immer?) einher mit denial.

manches ist schwer zu denken, aber das ist ja auch... ganz nett.

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Freitag, 5. Mai 2006
dekonstruktion
beim nachdenken über dekonstruktion hängen geblieben. der dekonstruktivismus zeigt auf, wie soziales, kulturelles, menschen-gemachtes also, als gegeben und natürlich daherkommt. zeigt, dass macht-strukturen naturalisiert und ahistorisiert werden, dass natur eigentlich kultur ist. für essentialistische identitätspolitiken bedeutet das im prinzip den tod. weibliche identität ist nicht mehr universell, essentiell und repräsentativ - die kategorie frau ist eine künstliche, die grenzen (zum anderen) mensch/macht-gemacht. judith butler flasht - immernoch.

für mich folgt daraus, dass ich mich dezidiert politisch positioniere, situationsabhängig, manchmal lieber nicht, manchmal inkohärent - ich habe die wahl, ich wähle bewusst. warum tun das nicht alle? warum bestehen manche auf (strategischen) essentialismus?

da gibts wohl tonnenweise antworten und begründungen - das interessiert mich hier eigentlich gar nicht. mir ist etwas anderes aufgefallen, beim nachdenken über dekonstruktion.

ich habe nicht an meine whiteness gedacht und an die strukturellen privilegien die damit einhergehen. ich kann fröhlich durch die gegend laufen und sagen, dass ich mich halt so positioniere/mich identifiziere/ repräsentiere, wie's mir gerade in den kram passt. ab und an ist es drängend - als frau, als ossi, als queer/lesbe/bi/hete... - aber nie den ganzen tag lang, nie jeden tag. heute hier, morgen dort. wenig kann mich bremsen, ich bin frei - ich bin weiss.

mir ist aufgefallen, dass ich nur dann frei wählen kann, wenn mich meine weisse soziale position nicht zwingt, mich mit ihr auseinander zu setzen. Schwarze menschen (in deutschland und anderswo) können gar nicht anders, als sich mit ihrem Schwarz-sein auseinander zu setzen. ich kann mich drumrum drücken, mich darüber freuen, wie schön es sich mit identitäten spielen lässt. ich kann ganz einfach >nicht< darüber nachdenken, dass ich weiss bin und macht und privilegien habe.

deswegen nicht mehr dekonstruieren? nein. nicht damit aufhören dinge auseinander zu nehmen - alles auseinander nehmen, immer weiter. immer weiter (de)konstruieren.

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